Auf einem beigen Hintergrund sieht man zwei Polaroids. Das linke Polaroid zeigt ein Portrait-Foto des Sprechers Benjamin Stolz. Auf dem breiten unteren Rand des Polaroids steht sein Name. Rechts ist im Polaroid das Logo des Projekts. Das Logo zeigt auf einem dunkelgrünen Hintergrund einen Kopfhörer und den Schriftzug "Suehören" in Schreibschrift. Darunter steht in Druckschrift "Interview mit einer Stimme". Die Zeichnung und die Schrift sind weiß.

Suehören – Interview mit einer Stimme – Benjamin Stolz

Guden!
Endlich geht es mal weiter. Es gab quasi eine unfreiwillige Sommerpause. Aber das soll sich heute wieder ändern. Außerdem habe ich inzwischen beschlossen, dass ich die Interviews bis in den Januar veröffentliche, statt nur bis Dezember. Dadurch wird alles etwas entspannter. Und wie es danach weitergeht…wir werden sehen. Es gibt zumindest Planungen für weitere Suehören-Dinge. Aber dazu wann anders mehr.
Heute geht es mit Benjamin Stolz um einen weiteren Sprecher, den ich auf der “NiConvention 2023” getroffen habe.

Benjamin Stolz ist Synchron- und Hörspielsprecher.
Das Interesse an Synchron hat sich schon früh gezeigt, aber es dauerte einige Jahre, bis er sich näher mit dem Beruf Synchronsprecher auseinandersetzte. Neben der Unterstützung durch einen Vocal Coach absolvierte Benjamin einige Workshops und Sprechtrainings.
Seitdem ist er in verschiedensten Animes, Serien, Filmen und Videospielen zu hören. Auch in Hörspielen kann man ihn immer wieder hören. Mit dabei sind u. A. “My Hero Academia”, “Record of Ragnarok” oder auch “Avatar – Frontiers of Pandora”.

Benjamin findet ihr hier –>   Instagram

 

Sue: Erstmal vielen Dank, dass du dabei bist. Es hat mich sehr gefreut, dass du zugesagt hast. Du darfst als erstes eine Aufgabe erfüllen und dich in drei Sätzen vorstellen.

BS: Ja, sehr gerne. Mein Name ist Benjamin Stolz und ich bin Synchronsprecher oder Synchronschauspieler, wie man es auch nennen kann. Ich freue mich, für dieses Interview hier zu sein.

S:  Die Freude ist ganz meinerseits. Wie hat das denn bei dir angefangen mit dem Sprechen? Hast du dir einfach überlegt “Ich weiß nicht, was ich machen will und ich hab Synchronsprecher gesehen und ich will das auch”? Oder hast du so einen Moment gehabt, wo du inspiriert wurdest diesen Weg zu gehen?

BS: Das geht tatsächlich weit zurück bis in die RTL2-Anime-Ära, Anfang der 2000er, Ende der 90er. Da fiel mir beim Gucken von Serien nach und nach auf, dass Charaktere aus verschiedenen Serien dieselbe Stimme haben. Da kam zum ersten Mal das Bewusstsein dafür auf, dass dahinter ein Beruf stecken könnte. Und dann gab es über meine damalige Lieblings-Anime-Serie „Dragonball Z“ abends in den RTL2-Nachrichten einmal einen Beitrag über die Synchronarbeiten. Da war die Serie noch relativ frisch und sie haben ein paar der Synchronsprecher gezeigt, was mir den Beruf nähergebracht hat. Meine Vermutung wurde bestätigt, aber ich hab erstmal weiter nur Serien konsumiert. Ich hatte aber immer mehr Spaß daran, Stimmen zu erkennen und rauszuhören. Da war aber noch nichts mit selber sprechen.
Später dann fand ich das ganze doch ganz interessant und hab mich dann einfach selbst ausprobiert. Hab mir selber ein Mikrofon gekauft, hab quasi privat geübt. Irgendwann später hatte ich mir dann auch einen Vocal Coach genommen und verschiedene Sprecher- und Synchronsprecherkurse bei verschiedensten Leuten aus der Synchronbranche absolviert, z.B. bei Peter Minges (Anmerkung: Synchronregisseur von ‚King of Queens‘). Es gab damals einen Zeitpunkt, wo eine gute Bekannte von mir für die Synchronisation einer Serie verantwortlich war und sie kannte auch meine Stimme ganz gut und die war dann so nett, mich auf eine kleine Nebenrolle in der Serie zu besetzen. Das war die erste offizielle Synchronrolle, die ich bekam. Damit hatte sie echt Einfluss darauf genommen, was in den Jahren danach folgte.
Es handelte sich um eine Anime-Serie und da war dann halt auch ein professioneller Synchronregisseur dabei und er hat mir hinterher total positives Feedback gegeben und mich gefragt, ob ich das öfter gemacht habe. Ich habe dann von dem Üben zu Hause erzählt und dass ich aber zu dem Zeitpunkt noch keine Tonstudioerfahrung hatte. Ich habe das ja autodidaktisch gelernt, sage ich mal. Das hat bei mir natürlich Eindruck hinterlassen, dass ein Profi so positiv über meine Leistung sprach. Daraufhin habe ich angefangen, mich bei verschiedenen Tonstudios und Synchronstudios als Sprecher zu bewerben. Nach und nach wurde ich dann von anderen Studios mal ausprobiert auf kleinen Sachen. Man hat natürlich klein angefangen mit entweder kleinen Rollen oder Ensembleterminen (Anmerkung: Gruppenaufnahmen mit anderen Sprecher*innen zusammen). Ich finde Ensembletermine in den Anfängen auch sehr sinnvoll, weil man da Erfahrungen sammeln kann. Es ist auch klar, wenn man die Erfahrung noch nicht hat, warum sollte man dich auf eine Hauptrolle besetzen? Das macht nicht viel Sinn. Irgendwann ist immer das erste Mal und das kam auch ein paar Jahre später bei mir mit der ersten Serienhauptrolle. Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich auch schon genug Erfahrung gesammelt, so dass man sich der Aufgabe gewachsen fühlte und auch sehr heiß drauf war, endlich mal auf Herz und Nieren geprüft zu werden.
So ging das dann los. Danach folgten auch weitere Hauptrollen. Man bekommt natürlich nicht nur ständig Hauptrollen, so läuft das Sprecherbusiness nicht. Manche bekommt man, indem die Regie oder der Aufnahmeleiter einen direkt darauf besetzt, andere nur mit einem Casting gegen andere Sprecherkollegen. So hat das seinen Lauf genommen. War eine langsame Entwicklung über mehrere Jahre, aber ich glaube, das ist bei fast jedem so. Das ist selten, dass es bei jemandem direkt steil geht.

S: Ja, ich glaube, das ist für alle nicht einfach. Ich finde es witzig, dass “Dragonball Z” für dich damit zu tun hat, weil du und Sandro Blümel beim Ehrengastpanel auf der NiCon 2023 diesen Moment auf der Bühne hattet, wo er dich am Ende sogar umarmt hat. Ich konnte mir deshalb den Lieblings-Anime schon denken.

BS: Der Anime war generell bei vielen in Deutschland die Nummer 1 und letzten Endes war die Frage auf der NiCon ja ähnlich zu deiner und im Prinzip hab ich sie ja ähnlich beantwortet. Das Besondere war, dass Sandro, der den kleinen Son-Gohan als Kind gesprochen hat in „Dragonball Z“, ein Teil des Animes war. Seine Stimme war ein Teil meiner Kindheit. Die Serie begleitet mich bis heute.
Ich habe gerade wieder mit einem Kumpel angefangen, „Dragonball Z“ nochmal zu schauen, nachdem wir kürzlich die Vorgängerserie nach vielen Monaten beendet haben. Jetzt sehe und höre ich sozusagen Sandro wieder. Aber natürlich auch die vielen tollen anderen Sprecher, von denen viele damals noch unbekannt waren und jetzt zu absoluten Legenden geworden sind.

S: Ich hab als Kind tatsächlich „Dragonball“ und nachfolgende Serien und sowas wie „Digimon“ mit meinem Bruder gesehen. Aber die Erinnerungen daran sind…ich hab gefühlt keine Erinnerungen daran. Nach der NiCon sind eventuell “Dragonball”-DVD Box 1 und 2 hier eingezogen und die erste Box von „Dragonball Z“ auch, die wurde aber neu auf Bluray rausgebracht und ich hab sie dann einfach vorbestellt.

BS: Ich hab sie noch ganz old school auf DVD und möchte sie ungern noch und nöcher kaufen. Aber machen wir uns nichts vor, die Bildqualität ist sowieso nicht gut. (lacht). Aber das macht ja auch das alte Flair aus.

S: Das ist auch einfach die Nostalgie für mich dahinter. Wie sieht denn für dich ein idealer Arbeitstag als Sprecher aus?

BS: Ich kann ja erstmal sagen, wie so ein typischer Tag bei mir aussieht. Du wirst im Vorfeld von einem Aufnahmeleiter angerufen und angefragt für eine Rolle. Im Idealfall hast du zugesagt (lacht). Dann wird ein Termin oder mehrere, wenn erforderlich, ausgemacht. Wenn es ein Film mit vielen Takes ist, braucht man vielleicht nicht nur einen, sondern ggf. nochmal einen zweiten Tag. Bei längeren Serienrollen, auch je nach Größe der Rolle, kann es natürlich sein, dass man noch deutlich mehr Tage/Termine ausmachen muss. Zum Termin im Atelier begrüße ich dann, wen ich so sehe. Regisseure, Tonmeister, Cutter, Sprecherkollegen zum Beispiel. Wer da halt so rumläuft. Dann guck ich auf die Dispo, die meist irgendwo ausliegt. Das ist quasi ein Papier mit einer Tabelle, auf der genau draufsteht, welcher Sprecher um welche Uhrzeit dran ist, wie viele Takes derjenige zu sprechen hat und die anderen Beteiligten wie Tonmeister, Regie usw. sind auch darauf aufgeführt. Daran kannst du auch sehen, mit wem du heute arbeiten darfst und ob du schon jemanden kennst. Dann wirst du gebrieft, es wird kurz erklärt, worum es in der Serie oder dem Film geht und was für eine Rolle du hast, also wie die z.B. charakterlich so drauf ist. Bei einer Kleinstrolle gibt es natürlich sehr viel weniger Infos als bei einer großen Rolle, weil das viel schneller erledigt ist. Bei großen Rollen empfiehlt es sich für die Regie immer, zum besseren Verständnis ein bisschen mehr drüber zu erzählen. Und dann geht es ab in die Sprecherkabine und man kämpft sich Take für Take durch die Produktion, wobei du immer nur die Szenen zu sehen kriegst und sprichst, in denen dein Charakter auftritt. Das ist so der typische Ablauf.
Im Idealfall eines Sprechers ist es durchaus so, dass du mehr als einen Termin am Tag hast. Du hast dann Abwechslung, kommst ein bisschen rum, verdienst auch logischerweise mehr. Das kann man aber gar nicht so pauschalisieren. Bei einer Hauptrolle kannst du natürlich auch eher mal den ganzen Tag nur damit beschäftigt sein. Wenn du jetzt aber wirklich mal nur einen Termin hast, der z.B. nur eine Stunde geht, dann bist du froh, wenn du den noch mit dem einen oder anderen Termin kombiniert bekommst an dem Tag.

S: Hast du denn ein Genre, das du unbedingt ausprobieren möchtest als Sprecher? Also generell. Vielleicht hattest du es noch nie oder bisher nur einmal und würdest es gerne länger ausprobieren.

BS: Ich glaube, ich hätte mal wieder richtig Lust auf Horrorfilme. Ich liebe privat Horrorfilme und durfte in meinen Sprecheranfängen echt einige Horrorfilme sprechen. Es war halt typisch für die Anfänge, dass es keine Blockbuster waren, sondern auch mal ein paar trashige B- und C-Movies.
Und es ist schon geil, diesen Horror, den die Charaktere im Film erleben, nachzuempfinden und nachzuspielen. Du kannst da viel mehr abgehen, was du bei Realfilmen sonst nicht immer unbedingt kannst, weil du vom Spiel her nah am Schauspieler bleiben musst. Noch mehr abgehen kannst du meist im Anime, weil oft alles darin mehr überspitzt dargestellt wird. Ich kann gar nicht sagen, wie lange das her ist, dass ich einen Horrorfilm gesprochen habe, deshalb hätte ich da richtig Bock drauf.
Alles andere ist immer mal wieder querbeet dabei, muss ich sagen. Ich wäre auch mal geneigt, eine schöne Liebeskomödie zu sprechen…ich bin so ein Mann, der auch mal so eine Liebeskomödie aushält (lacht). Ich find‘s grundsätzlich zwar schöner in Verbindung mit Comedy, aber eine reine Liebesgeschichte wäre auch mal was…Ich hab auch schon so Sachen gesprochen, aber aus der jüngeren Vergangenheit erinnere ich mich nicht so. Vielleicht irre ich mich auch, denn als Sprecher spricht man ja über die Jahre echt viel, so dass man manche Produktionen etwas verdrängt hat. Wenn ich aber in die Deutsche Synchronkartei gucke, reicht mir tatsächlich oft nur der Filmtitel, um mich wieder zu erinnern, da hab ich sozusagen ein Elefantengedächtnis. Aber je nach Fragestellung musst du manchmal echt erst in dich gehen und überlegen, ob du überhaupt im erfragten Bereich gesprochen hast.

S: Es ist auch nicht so, dass ich das nicht von anderen Sprechenden kenne, dass die ihre Titel vergessen. Aber teilweise macht ihr auch echt viel und das ist dann etwas schwierig, das alles zu behalten.

BS: Und was noch dazukommt, was echt tricky ist, du sprichst einen Film oder eine Serie und der hat am Anfang entweder nur einen Arbeitstitel oder einen englischen oder ausländischen Titel und wird auf Deutsch ganz anders heißen, was du aber vorher nicht weißt. Ich fühl mich da manchmal echt in die Schule zurückversetzt, wo du für eine Hausaufgabe eine Internetrecherche machen musst. Wie viele Stunden in meinem Leben schon dafür draufgegangen sind, nach Filmen oder Serien zu recherchieren, die du dann unter dem Originaltitel findest, aber erst Wochen oder Monate später unter dem deutschen Titel, der manchmal ganz anders lautet. Erst wenn ich den deutschen Titel weiß, gebe ich sie als Referenz an, oftmals aber erst nach Veröffentlichung, weil man es früher nicht darf. Anders sieht es aus, wenn ein Teil der Besetzung bereits durch einen Trailer noch vor der Veröffentlichung vorab öffentlich wird.

S: Ich hatte das schon öfter mit Franci Friede, dass ich der erzählt habe, dass ich sie in einem Film gehört habe und sie hat gefragt, welcher Film das war und dann musste ich ihr erst auf die Sprünge helfen, damit sie wusste, was es war. Weil sie es einfach verdrängt hat oder der Titel ein anderer war.

BS: Ah ja, das glaube ich. Was auch manchmal irre ist in dem Zusammenhang, ist, dass du manchmal Produktionen sprichst und die haben einen englischen Titel und der klingt relativ neutral. Vielleicht deutet er ein bisschen auf das Genre hin oder so. Und dann kriegt der Film einen deutschen Titel verpasst und klingt plötzlich ganz anders und komisch. Bei einigen wenigen deutschen Titeln dachte ich echt „Nach der Umbenennung klingt es jetzt fast wie der Titel eines schlechten Pornos“. (lacht) Und du denkst dir nur: „Wer in der Redaktion kam auf die Idee, den Film so auf Deutsch zu benennen?“.

S: Jaaaa, das hinterfrage ich oft nicht mehr. Bist du denn vor Aufnahmen noch aufgeregt oder gehst du relativ locker an die Sache?

BS: Teils, teils. Ich mach das ja schon seit 14 Jahren, aber trotzdessen ist trotzdem noch ganz leichte Anspannung da. Aber ich nenne das positive Anspannung. Das ist nicht so wie vor einer Aufführung oder einer Prüfung, sondern es überwiegt eher die Vorfreude. Du wirst ja auch immer so ein bisschen ins kalte Wasser geschmissen. Du weißt ja eher selten vorher, was dich erwartet. Vielleicht hast du im Internet schon mal ein bisschen reingeschnuppert. Das habe ich am Anfang öfter mal gemacht, mache ich jetzt aber mittlerweile nicht mehr. Oft fehlt auch die Zeit dazu. In den ersten Minuten legt sich das eigentlich aber auch immer und die innere Anspannung wird zu Lockerheit, sag ich mal.
Anders sieht das natürlich aus, wenn du eine sehr anstrengende Regie hast, die dich vielleicht teilweise überfordert. Hatte ich jetzt eher selten, ich habe da bisher fast nur gute Erfahrungen gemacht. Oder es kann auch sein, dass du jemanden sehr bekanntes oder großes aus der Branche in der Regie sitzen hast, vor dem du einfach viel Respekt hast. Ich hatte teilweise schon Regisseure, wo du halt denkst: „Ey, ich bin mit euren Stimmen aufgewachsen“. Egal, ob jetzt aus der Anime-Hochzeit auf RTL2 oder irgendwelche bekannten Schauspieler. Ich weiß noch, wie aufgeregt ich z.B. war, als ich das erste Mal mit Daniel Schlauch – er ist die Feststimme von Zac Efron oder Monkey D. Ruffy aus „One Piece“ – arbeiten durfte oder als ich für Dominik Auer, der früher “Inuyasha” war, sprechen durfte. Vor einiger Zeit, ist noch gar nicht so lange her, durfte ich mit Oliver Mink (Anmerkung: die Feststimme von Mark Wahlberg), der mir Regie gab, arbeiten. Da war ich auch derbe aufgeregt, denn Mark Wahlberg mag ich echt gerne. Gerade in Komödien hau ich mich immer weg bei dem. Und mindestens 50 Prozent Anteil daran, dass er so lustig ist, macht Oliver Mink aus, weil er ihn so witzig spielt mit seiner Stimme.
Ich bin bis heute der Meinung, dass es einige Schauspieler gibt, die durch ihre deutschen Sprecher noch besser rüberkommen. Weil ich mir immer sage, so toll die Schauspieler in den USA z.B. auch sind, die müssen vor der Kamera alles abliefern: Gestik, Mimik, Körpersprache, Spiel mit der Stimme. Die müssen sich auf zig Dinge gleichzeitig konzentrieren, wodurch auch mal das Spiel mit der Stimme drunter leiden kann. Wir Sprecher können nur unsere Stimme einsetzen, aber dafür können wir 100% unserer Konzentration allein darauf verwenden, dass unsere Stimmen die Emotionen transportieren, die rüberkommen sollen. Es geht nicht um Perfektionismus, aber man versucht schon, die bestmögliche Qualität zu erreichen mit seinem eigenen Spiel mit der Stimme. Das hat z.B. ein Oliver Mink, wie viele andere, unglaublich gut drauf. Als ich hörte, dass ich ihn bei einem Projekt in der Regie habe, dachte ich auch nur: „Okay…okay, bleib locker“.

S: Fühle ich. Also tatsächlich habe ich nie wirklich „One Piece“ geguckt, aber dafür alle Teile „High School Musical“ hoch und runter. Und ich komme zur NiCon dieses Jahr und werde dann ja vor Daniel Schlauch stehen. Und ich werde hochgradig aufgeregt sein (lacht).

BS: Kann ich absolut nachvollziehen. Das Ding ist, egal wie viele Jahre ich das schon mache, du weißt ja, mit welchen Stimmen du aufgewachsen bist und du weißt, wer schon viel mehr erreicht hat als du. Ich sehe es ja auch immer unter dem Aspekt, dass man immer noch dazulernen kann. Niemand ist perfekt. Es gibt immer Luft nach oben. Ich sehe mich selbst jetzt nicht auf derselben Ebene wie die Stimmen oder Sprecher, mit denen ich aufgewachsen bin, ich merke also nicht unbedingt, wo die noch Luft nach oben haben. Aber die sehen das wahrscheinlich bei sich selbst.
Als Sprecher musst du eine gesunde Art von Selbstkritik üben. Du solltest niemals zu 100% zufrieden sein. Natürlich sollst du nicht überkritisch sein und dich ständig selber fertig machen. Mit Mitte 30 bin ich ja auch in einem mittleren Alter. Ich bin keiner von den ganz jungen, aber auch nicht von der alten Garde. Du siehst also außer deiner eigenen Generation noch zwei andere Generationen. Du siehst die junge Generation an Sprechern und Sprecherinnen heranwachsen, Leute, die noch unbekannt sind und ihren Weg gehen und sich langsam einen Namen machen. Aber auch die alte Garde, die du gerne hörst. In letzter Zeit sind leider auch einige verstorben. Aber es sind auch noch viele der alten Garde am Leben und zum Glück immer noch aktiv. Auch wenn du einen Film guckst, kannst du auch beim aktiven Sueschauen und Zuhören daraus lernen. Die meiste Übung kriegst du natürlich durchs selber sprechen, aber du kannst dir natürlich auch einiges abgucken von Leuten.

S: Wie viel bewegst du dich vor dem Mikro, wenn du in der Kabine stehst?

BS: (lacht) Also von der Bewegung her geht es eigentlich. Also ich beweg mich jetzt nicht übermäßig viel. Aber ich versuche darauf zu achten, wenn die Szene oder der Charakter etwas dynamischer ist, dann hörst du das manchmal eher raus, wenn du ein wenig Bewegung mit reinnimmst. Dann fuchtelst du mal mit den Armen oder hebst die Arme an und hältst die in einer verkrampften Haltung, damit eine gewisse Grundspannung entsteht. Man sollte nicht hören, dass ich völlig chillig vorm Mikrofon stehe, sag ich mal. Und das passiert mir dann durchaus mal, dass ich, wenn ich mal mit den Armen schwinge, Geräusche mache. Ich zieh mir aus Prinzip immer Klamotten an, die nicht rumklimpern. Also man hat vielleicht mal eine Strickjacke mit nem Reißverschluss an und allein schon der Reißverschluss kann so ein bisschen klimpern, wenn du dich ungünstig bewegst, sag ich mal. Aber manchmal mach ich so einen ruckartigen Move und das passiert dann vielleicht auch eher mal mittendrin oder zum Ende des Takes. Und das ist mir schon ein paar Mal passiert, dass ich genau weiß, dass ich versehentlich irgendwo gegengeschlagen habe, z.B. gegen das Sprecherpult oder den Mikrofonständer. Das Witzige ist immer, ich weiß, dass ich dagegen gekommen bin, aber ich weiß nicht sofort, ob die Regie oder der Tonmeister es gehört haben. Dann frag ich immer sicherheitshalber nach: „Ich bin mitten im Take irgendwo gegengekommen. Könnt ihr noch mal drüber hören, ob das auf der Aufnahme mit drauf ist?“ Das kann ja auch mal so dezent drauf sein, dass das nicht hörbar war und dann sitzt Wochen später jemand in der Postproduction und macht sich Gedanken über das Schlaggeräusch im Hintergrund und dann braucht man womöglich im blödesten Fall einen Retake.

S: Ich hatte das bei einem Interview. Da ich die alle abschreibe, ist das noch nicht schlimm, aber im Nachhinein hab ich mich gefragt, was da klappert. Und bin nach drei Tagen nachdenken drauf gekommen, dass die Geräusche von einem Armband mit Anhängern gekommen sind.
Gab es denn Momente, wo du am liebsten alles hingeschmissen hättest und wenn es sie gab oder noch gibt, was tust du dann?

BS: Ich sag mal so: so richtige Momente, wo ich wirklich alles hinschmeißen wollte in der Sprecherbranche, hatte ich nicht. Aber natürlich hat man, je länger man dabei ist, auch mal Rückschläge erlebt. Sei es, wenn du Akquise bei Studios betreibst und das hat nicht so den gewünschten Erfolg. Das hat man natürlich vor allem in der Anfangszeit und da muss man oft Lehrgeld zahlen. Aber selbst als etablierter Sprecher wirst du immer mal wieder Phasen erleben, wo du nicht so viel zu tun hast. Und machst dann Akquise und erwartest und hoffst, dass das von Erfolg gekrönt ist, aber das muss dann nicht zwingend der Fall sein.
Du stehst unweigerlich mit Leuten, die eine ähnliche Stimmfarbe haben und vom selben Geschlecht sind, in Konkurrenz. Zumindest, wenn man für dieselben Synchronstudios spricht. Und du wirst immer mal wieder Castings verlieren. Es gab mal Phasen, da hab ich den Großteil meiner Castings gewonnen, aber manchmal gab es auch Phasen, da hab ich den Großteil verloren oder es ist 50:50. Fühlt sich dann manchmal an wie Niederlagen, wenn du ein Casting verlierst, aber so sollte man nicht versuchen es zu sehen. Ich persönlich – das ist auch ein Prozess gewesen, den ich über die Jahre entwickelt habe – ich habe mir mein Lieblingsfilmzitat zu eigen gemacht und zu meiner Lebenseinstellung gemacht. Das lässt sich eigentlich generell aufs ganze Leben beziehen, das zählt für mich aber auch in der Synchronbranche. Das ist ein Zitat aus den „Rocky“-Filmen, aus dem 6. Teil, wo man einen sehr gebrochenen Rocky erlebt hat.
Da sagt Rocky: „Du und ich und auch sonst keiner kann so hart zuschlagen, wie das Leben. Aber der Punkt ist nicht der, wie hart einer zuschlagen kann. Es zählt bloß, wie viele Schläge er einstecken kann und ob er trotzdem weitermacht. Wie viel man einstecken kann und trotzdem weitermacht. Nur so gewinnt man.“
Und das ist so ne Message, die mich sehr geprägt hat. Ich hab den Film in einer Phase gesehen, wo nicht alles rund lief in meinem Leben, wo es auch viele Rückschläge gab. Aber das ist halt so das Ding. Das Leben wird einem immer mal wieder in die Fresse schlagen, aber es ist halt immer die Sache, was machst du da draus. Du kannst natürlich am Boden bleiben und dich in Selbstmitleid suhlen oder du siehst es als Challenge und machst weiter. Und das ist eine Lebenseinstellung, die hast du nicht von jetzt auf gleich. Du kannst nicht sagen: „Tolles Zitat. Das bin ich jetzt.“ Aber du kannst, je öfter du dir das vor Augen führst, versuchen anzufangen, das zu leben. Ich hatte letztens die Situation mit zwei Castings für Synchronstudios in Hamburg. Ich hatte voll Bock auf beide Rollen. Das eine Casting war eines, wo du explizit für die Rolle in einer ausgewählten Szene aus dem Projekt vorsprichst. Das andere war ein Stimmprobencasting. Da sprichst du nicht extra für die Rolle vor, sondern das Studio schickt dem Kunden Stimmproben von dir (die du zuvor mal dem Studio z.B. bei deiner Bewerbung oder bei Akquise geschickt hast), wo es meint, dass deine Stimmfarbe gut zur gecasteten Rolle passen könnte. Das Casting mit dem Vorsprechen hab ich gewonnen. Hab ich mich sehr drüber gefreut. Das andere Casting habe ich verloren. Ich könnte jetzt natürlich darüber jammern, dass ich eins verloren habe. Aber ich kann auch sagen, ich hab wenigstens eins von zweien gewonnen. Ich hätte auch beide verlieren können, aber es werden wieder neue Chancen im Leben kommen.

S: Gibt es denn ein Projekt, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist und wenn ja, welches? Du darfst auch mehrere nennen (grinst).

BS: Eine Sache, das passt auch ganz gut zu dem etwas schweren melancholischen “Rocky”-Zitat. Das war eine Anime-Serie, die gar nicht so Mainstream war, das war auch so ein bisschen eine Ecchi-Komödie, die aber doch auch manchmal sehr deep war von der Stimmung her. Die Serie hieß „Punch Line“. Da habe ich den Hauptcharakter gesprochen und der ist eigentlich eine durchgeknallte Rolle und hat echt Spaß gemacht. Es war auch mehr Comedy-Anteil, was ich da raushauen musste, aber er hatte auch seine ernsten Szenen. Er hat an einer Stelle der Story so einen mentalen Breakdown nach einem Streit mit einem Mädel, das ihm viel bedeutet. Er steht dann erstmal wie versteinert vor seiner Tür und dann wechselt die Perspektive und du siehst die Tür von außen und dann hörst du einen Urschrei, weil er all seine Trauer rausschreit und seine Zimmereinrichtung kaputt kloppt. Und die Aufnahme dieser Szene hat sich bis heute sehr in meinen Kopf eingebrannt, weil ich ein paar Monate vorher einen Todesfall in meiner Familie hatte.
Das Gute ist bei Synchron, du kannst jegliche Emotionen, die du mal im echten Leben erlebt hast, 1 zu 1 transferieren. Vincent Fallow hat dazu beim Q&A-Panel auf der letzten NiCon mal was gesagt, was mir im Kopf geblieben ist, so sinngemäß: „Synchron ist so ein bisschen wie Selbsttherapie“. Und er hat absolut recht damit. Du kannst da manchmal Emotionen rauslassen, die du dir in deinem Privatleben nicht erlaubst oder weil du den Raum dafür nicht hast. Du würdest ja nicht in deiner Wohnung lauthals losschreien wie ein Irrer, weil du da ja auch Nachbarn hast, die du nicht stören willst. Synchron gibt dir manchmal einen Kanal, das rauszulassen. Vielleicht auch dann, wenn du es nicht erwartest.
Das war auch bei dieser Szene so. Und das war am Ende dann auch ein One-Taker. Also so nennt man das, wenn der Take direkt gut wird und gleich beim 1. Versuch von der Regie abgenommen wird. Das ist mir auf der emotionalen Ebene sehr im Gedächtnis geblieben.
Was auch sehr schön war, dass ich mal einer von den „Power Rangers“ war. In der 2. Staffel von „Power Rangers Dino Super Charge“. Ich hatte da das schwere Erbe, von einem vorherigen Sprecher die Rolle zu übernehmen, weil es da zu Ungereimtheiten kam, weil der Kunde bei der 2. Staffel nicht derselbe wie bei der 1. Staffel war und daher bei Staffel 2 ein anderes Synchronstudio beauftragt wurde. Ich war nicht die Erststimme und das ist immer schwierig, da in Fußstapfen zu treten, wenn es jemand vorher gut gemacht hat. Es war natürlich dennoch große Freude da, weil ich „Power Rangers“ als Kind geguckt habe und plötzlich wirst du da reingeworfen und hast damit natürlich auch nicht gerechnet. Ich hatte als Kind auch Actionfiguren von den Power Rangers und auf einmal wirst du ein Teil davon. Auch wenn es nur die eine Staffel war. Aber das war halt echt was Besonderes für mich.
Es gab noch einen Film, war eher so ein Independent-Film, würde ich sagen. Jetzt nicht so für die breite Masse gemacht. Der heißt „Mid90s“ und das war ein Film, der wurde bewusst so gedreht, als wäre er in den 90ern gedreht worden. Und das ist die Kunst dahinter. Ich bin Ende der 80er geboren und in den 90ern groß geworden und auch wenn das in Amerika spielt, siehst du und spürst du die ganzen 90er-Vibes. Die ganze Zeit das Typische, was die USA ausmacht irgendwo und da waren die Hauptcharaktere so Jugendliche, die ihre typischen Teenagerprobleme haben, auch gekifft und Alkohol getrunken haben. Die haben das Leben genossen und die Schule nicht ernst genommen. Meine Rolle war so ein abgedrehter Dude und ich kenn bis heute nicht seinen richtigen Namen, weil er im Film von allen nur bei seinem Spitznamen „Fuckshit“ genannt wird. Der Typ hat einfach sein Leben gechillt. Es war einfach irgendwie witzig, das mitanzusehen, wie die durch ihre Jugendzeit kommen mit all den Problemen, die da dazukommen. Auch die Probleme, die mit Alkohol kommen können und das Rebellieren gegen die Eltern, Lehrer und die Polizei.
Und das letzte, was mir einfällt ist „A Silent Voice“, ein Anime-Film. Da habe ich eine größere Nebenrolle gehabt, das war der beste Freund des Hauptcharakters. Der Hauptcharakter hat massiv in seiner Kindheit ein Mädel gemobbt und ihm wird erst über die Jahre bewusst, wie hart das war, sie hat wegen ihm auch die Schule gewechselt. Und er möchte sich Jahre später entschuldigen und der Film geht darum, wie sie sich annähern. Er ist halt durch dieses aktive Mobbing irgendwann selbst ausgegrenzt worden und hat sich dadurch angewöhnt, aus Unsicherheit niemandem mehr in die Augen zu gucken. Man sieht über den Film hinweg diesen Prozess. Alle Charaktere haben ein X vor dem Gesicht, um die Augen nicht zu zeigen, wie so ein Pflaster auf den Gesichtern. Das war ein Stilmittel, um aus der Perspektive des Hauptcharakters zu zeigen, dass er niemandem in die Augen schaut. Und meine Rolle ist die erste Person, bei dem dieses X abfällt und dann freunden sie sich an. Einfach dieses ganze Thema Mobbing ist ja sehr ernst, wurde da aber sehr realistisch aufgearbeitet. Anime ist manchmal sehr drüber, aber in diesem Film geht es eigentlich. Und jeder ist mit dem Thema mal in Berührung gekommen. Jeder weiß, was Mobbing ist. Und der Film hat das sehr gut gemacht, sich diesem Thema mal anzunehmen.

S: Klingt auf jeden Fall sehr gut. Gibt es denn eine Serie oder einen Anime, eine Filmreihe oder Hörspielreihe, in der du unbedingt mal mitsprechen möchtest?

BS: Ähm…Ja! Definitiv (lacht). Also da wäre auf unschlagbarem Platz 1 natürlich alles, was aus dem “Dragonball”-Universum kommt. Weil irgendwie hat “Dragonball” auch seinen Beitrag geleistet, dass ich Synchronsprecher wurde. Ich bin nicht nur für all die Abenteuer, die man beim Konsum der Serie erlebt hat, dankbar, sondern auch dass man die ganze Reise von Son-Goku miterlebt hat. Ich seh ja auch, was das für mich für eine Entwicklung hatte. Ich hab letztes Jahr auf der Dokomi Tommy Morgenstern, den Sprecher vom erwachsenen Son-Goku aus „Dragonball Z“, getroffen, und dann war ich gefühlt wieder kurz der Fan von damals, obwohl man ja mittlerweile sozusagen ein Kollege in dem Beruf ist. Ich hab den Fanboy nicht groß raushängen lassen, aber mir war es ganz wichtig, Tommy zu sagen, was er für einen Einfluss auf mich hatte.
Ich glaube, Tommy in seiner Rolle in “Dragonball Z” hatte den größten Einfluss auf mich. Ich hab damals jede Folge von “Dragonball Z” auf VHS aufgenommen und hab die Szenen, die ich besonders gut fand, immer wieder geguckt und hab versucht mitzusprechen. Ich glaube, auch wenn ich da noch nicht richtig aktive Ambitionen hatte, das war so das erste richtige oder laienhafte Üben in Sätzen und ich hab auch wirklich versucht, synchron auf Lippe zu sprechen. Ich hab Tommy dann gesagt, dass ich mittlerweile selber Sprecher geworden bin und ihm sehr dankbar bin und dass er an meiner Entwicklung, auch wenn er das vorher nicht wissen konnte, einen ganz großen Anteil hatte. Da war er, glaube ich, echt baff. Da waren ja Schlangen von Leuten ohne Ende, die ihn sehen wollten. Er wird natürlich Komplimente ohne Ende bekommen haben, ich glaube aber nicht unbedingt, dass er täglich oder regelmäßig bei ner Con zu hören kriegt, dass jemand wegen ihm Sprecher geworden ist. Ich sag nicht, dass ich der einzige bin, bei dem es so ist. Aber ich glaube, er wird das nicht so oft in seinem Leben zu hören bekommen, dass jemand seinetwegen diese berufliche Richtung eingeschlagen hat. Genau, “Dragonball” ist also ganz weit oben.
“One Piece” ist aber auch noch eine der wenigen Serien, die ich bis heute noch verfolge. Da stehen die Chancen vielleicht auch gar nicht so schlecht, da mal eines Tages mitzuwirken, weil ich zumindest für das Studio, das “One Piece” synchronisiert, schon einige Projekte gesprochen habe. Aber “One Piece” läuft auch noch einige Jahre, deswegen halte ich die Chance darauf so für 50:50.
Dann, was ich auch total liebe, ich glaube ich habe es auf der NiCon auch erwähnt (lacht). Es gibt so eine Reihe, deren Titel immer mit „Tales of“ beginnen. Das ist so eine japanische Rollenspielreihe. Da habe ich über viele Jahre ganz viele Teile über verschiedene Konsolen hinweg gespielt. Es sind zwar immer wieder neue Geschichten und Figuren, aber es ist mit sehr viel Liebe zum Detail. Rollenspiele sind meistens auch sehr storylastig, also liegt das Augenmerk auf den Charakteren. Das, was andere an Büchern lieben, ich lese selbst nicht so viel, aber ein Rollenspiel ist oft wie so ein Buch, das in Form eines Spiels präsentiert wird. Die „Tales of“-Reihe, zumindest die Spiele wurden bisher nicht auf Deutsch vertont, aber es gibt einige Anime-Umsetzungen der Spiele, von denen einige auch eine deutsche Synchro bekommen haben. Da hatte ich noch nicht das Glück, aber ich hoffe, dass die Reihe noch ein paar Mal öfter Anime-Umsetzungen spendiert kriegt und dass ich dann mal mitsprechen darf, selbst wenn es nur eine kleine Nebenrolle wäre. Mal abgesehen von Anime und Games wären es auch so große Projekte wie “Star Wars”, “Jurassic Park/Jurassic World” oder ich liebe auch die “Conjuring”-Reihe. Wenn man in so großen Sachen, die man aber auch selber mag, mal dabei sein könnte, wäre das ein Traum.

S: Das verstehe ich durchaus. Eine Frage gibt es noch. Hast du einen Tipp für alle Synchronanfänger*innen da draußen, die auch professioneller sprechen möchten, egal ob hauptberuflich oder nebenberuflich?

BS: Viele in der Branche würden jetzt sagen, und unter Vorbehalt würde ich das auch sagen, dass man eine Schauspielausbildung machen sollte, weil man nur da das schauspielerische Handwerk von der Pike auf lernt. Du bist dann für die allermeisten Situationen gewappnet. Aber, und jetzt kommt das große Aber: Nehmen wir mal an, du willst nur Sprecher sein. Du willst gar nicht auf die Bühne oder vor die Kamera. Ich bin auch kein Kamera-Typ. Ich würde mich never ever vor ner Kamera sehen wollen. Auch Theater glaube ich nicht unbedingt. Ich habe zwar mal eine Live-Lesung mitgemacht und durfte vor Publikum performen, aber da konnte ich mich dann aus der Affäre ziehen, weil ich ja „nur“ Sprecher war. Da hatte man auch seine Texte für die Lesung und musste die nicht auswendig lernen. Worauf ich hinaus will, ist, wenn du nur sprechen willst, finde ich es vertretbar, wenn du nicht den klassischen Schauspielerweg gehst. Das soll nicht heißen, dass du gar nichts machen sollst. Im Gegenteil, wenn du die Schauspielausbildung nicht machst, gibt es immer Wege, als Quereinsteiger in die Branche zu kommen, auch wenn es dann um ein Vielfaches schwerer wird. Aber dann sollte man auch wirklich gewillt sein und das Engagement aufbringen und auch den Respekt der Branche gegenüber, dass man trotzdem etwas investiert.
Sprich, mach Sprecherseminare, mach Workshops mit. Ich hab mir damals auch einen Vocal Coach genommen. Das war nicht günstig, aber das war es auch wert, wenn du dir Leute raussuchst, bei denen du der Meinung bist, dass sie wissen, was sie tun. Du solltest dir natürlich schon Menschen raussuchen, die im Idealfall einen guten Ruf in der Branche haben oder gute Bewertungen im Internet. Ich empfehle teilweise bis heute noch die Sprecherseminare, die ich damals belegt habe, wenn ich nach einer Empfehlung gefragt werde. Das ist kein Ersatz für eine Schauspielausbildung, du musst dann natürlich ganz viel durch üben, üben, üben lernen und du musst versuchen, durch die Praxis und die Seminare zu kompensieren, dass du nicht die drei oder vier Jahre Ausbildung hast. Irgendwann, wenn du dich auf ein bestimmtes Level hochgearbeitet hast, kann es sein, dass du den Unterschied zwischen einem ursprünglichen Laien, der sich anders weitergebildet hat, und jemandem mit Schauspielausbildung nicht mehr hören würdest, weil du dich durch die jahrelange Arbeit auf ein ähnliches Niveau hochgekämpft hast. Aber es ist natürlich ein viel schwierigerer Prozess und man sollte viel Geduld mitbringen und nicht zu viel von sich verlangen. Die ersten Jahre zahlt man nun mal Lehrgeld. Du kannst natürlich auch zu Hause ganz viel üben. Texte laut lesen oder, wie ich es als Teenager gemacht habe, Dialoge aus Synchros mitsprechen. Auch wenn ich die Ambitionen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht hatte. Guck dir was an, was du zurückspulen kannst, wie z.B. auf Netflix, und versuch mal im selben Timing mitzusprechen. Danach kannst du gucken, ob du es auch hinkriegst, es mit Leben, also mit Emotionen in der Stimme zu füllen. Du musst beim Synchron ja nicht nur Timing treffen. Das ist ja Schauspiel. Nur eben auf die Stimme reduziert. Das ist dein einziges Werkzeug, das du einsetzen kannst. Natürlich ist dein Körper ein ganzes Werkzeug, aber die Stimme ist nun mal das, was rauskommt. Wenn man nur sprechen will, macht man mit einer Schauspielausbildung nie was falsch, aber mit Sprecherseminaren kann man auch zumindest kleine Grundsteine legen. Eine Sprecherkollegin hat mir kürzlich erzählt, dass sie ein- und denselben Kurs immer wieder gemacht hat und jedes Mal lernt sie etwas Neues. Ich persönlich würde aber eher empfehlen, dass man viele verschiedene Workshops/Seminare mitmachen sollte, weil jede Person unterschiedlich lehrt. Je mehr Input von unterschiedlichen, aber qualitativ guten Leuten, desto besser.
Von daher Weiterbildung, Weiterbildung, Weiterbildung, wenn man jetzt nicht die klassische Schauspielausbildung machen will. Üben, üben, üben. Und der Rest kommt nach und nach über die Praxis. Man lernt über jeden kleinen Job dazu. Natürlich auch mit den großen, aber man muss natürlich erst kleine Brötchen backen (lacht).

 

S: Fragentechnisch hast du es geschafft, aber meine Instagram-Community und ich haben ein This or That gemacht. Das heißt, ich werde dir jetzt immer zwei Begriffe vorgeben und du darfst dich für einen der Begriffe entscheiden. Du kannst entweder nur das Wort sagen, du könntest aber auch noch ein oder zwei Sätze sagen, warum du dich so entschieden hast.
Anime-Synchro oder Real-Synchro?

BS: Gott, darf ich beides sagen?

S: Darfst du tatsächlich beides. Ich töte niemanden, wenn man beides nimmt.

BS: Dann sag ich beides. Ich liebe durch meine Kindheit Anime bis heute, auch wenn ich nicht mehr so viele gucke wie früher, aber es macht schon mega Spaß, aber Realfilm ist auch toll. Da kann ich mich nicht festlegen (lacht).

S: Das ist voll okay. Kaffee oder Tee trinken?

BS: Ich mag beides nicht besonders, aber Kaffee eigentlich gar nicht. Daher Tee, da hat man wenigstens mehr Auswahl bei den Sorten.

S: Wenn du selber guckst, O-Ton oder Synchro?

BS: Synchro. Definitiv. Ich bin der Meinung, Deutschland macht einen guten Job mit der Synchronisation. Wir werden generell ja immer sehr gelobt. Ich will keinen kritisieren, der O-Ton guckt, aber ich finde es ein bisschen schade, wenn Leute nur mit O-Ton gucken. Ich würde es eher schätzen, wenn die Leute mal Synchro und O-Ton vergleichen oder mal so, mal so gucken. Ich find das schwierig, wenn Leute mit der Attitüde „Deutsche Synchro ist ja eh scheiße“ keine Synchro gucken. Ich hasse es wie die Pest, wenn Leute pauschalisieren und das ist mir dann so „Pauschalisieren at its best“. Das geht dann nicht so runter wie Öl (lacht).

S: Verstehe ich. Pizza oder Pommes?

BS: Boah! Miese Frage, aber Pizza. Beides ist geil, aber Pizza ist so…

S: Es sagen immer alle Menschen um mich rum, dass ich so süß und nett bin. Aber ich kann auch fies sein.

BS: Verstehe. Du bist sue mies (lacht).

S: Magst du lieber längere Aufnahmen über mehrere Stunden haben oder lieber kurze Aufnahmen über mehrere Tage?

BS: Ich zieh die langen Aufnahmen vor. Dann ist man irgendwie zeitlich gesehen produktiver. Was weg ist, ist weg, und man hält sich weniger lange dran auf.

S: Sommer oder Winter?

BS: Äh, Sommer mit Ausnahme der Weihnachtszeit, weil ich die schon ganz geil finde. Aber sonst Sommer, weil ich dann nicht so friere. Ich bin eine Frostbeule.

S: Wenn du selber zockst, Konsole oder Computer?

BS: Konsole. Ich spiel nur Konsole. Computer habe ich nur früher mal vereinzelt gespielt. Das waren aber auch immer sehr ausgewählte Spiele. Schon immer ein Konsolenkind gewesen bis heute.

S: Und das letzte ist Serie oder Film gucken?

BS: Filme. Ich gucke zwar in der letzten Zeit, habe ich das Gefühl, mehr Serien, aber eigentlich gucke ich lieber Filme. Man ist schneller durch und man muss sich nicht wie bei einer Serie bemühen, am Ball zu bleiben oder sie am Stück zu gucken oder nicht so viel Zeit zwischen den einzelnen Folgen vergehen lassen. Abgesehen von „One Piece“ gucke ich meist nur Serien, die nur wenige Folgen haben. So ist das von vornherein überschaubar. Kleiner psychologischer Trick (lacht).

S: Verstehe ich (lacht).

 

Das war es schon mit Benjamin Stolz und unserem Interview. Den Instagram-Account von Benjamin findet ihr oben, falls ihr jetzt neugierig geworden seid. Wir lesen uns in diesem Format dann wieder in einer Wochen! 

Habt eine schöne Zeit!
Eure Sue

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