Auf einem beigen Hintergrund sieht man zwei Polaroids. Links ist im Polaroid das Logo des Projekts. Das Logo zeigt auf einem dunkelgrünen Hintergrund einen Kopfhörer und den Schriftzug "Suehören" in Schreibschrift. Darunter steht in Druckschrift "Interview mit einer Stimme". Die Zeichnung und die Schrift sind weiß. Das rechte Polaroid zeigt ein Portrait-Foto der Sprecherin Nicole Silbermann. Auf dem breiten unteren Rand des Polaroids steht ihr Name.

Suehören – Interview mit einer Stimme – Nicole Silbermann

Guden!
Und die nächste in den Startlöchern ist Nicole Silbermann, die ich 2023 zum ersten Mal auf der NiConvention in Hannover getroffen habe.

Nicole Silbermann ist Stimmschauspielerin und Hörbuchsprecherin.
Bereits als Kind war Nicole auf einer Bühne zu finden und tobte sich im Schauspiel aus. Nachdem sie 2014 bei einer Veranstaltung andere Synchronschauspielende erlebt hatte, wusste sie, dass sie ebenfalls Synchronschauspielerin werden möchte und besuchte Workshops und Kurse. 2021 legte sie ihr zweites Staatsexamen als Lehrkraft für Englisch und Biologie ab und widmete sich mehr dem Sprechen.
Seitdem hat sie in verschiedenen Animes, Filmen, Serien und Werbespots mitgesprochen. Im Jahr 2022 bekam sie mit „Loveless“ von Alice Oseman die Chance ihr erstes Hörbuch einzusprechen.

Nicole findet ihr hier –>   Webseite   Instagram

 

S: Erstmal vielen Dank, dass du mit dabei bist.

NS: Danke, dass du mich eingeladen hast.

S: Du darfst als allererstes eine kleine Aufgabe erfüllen und dich in 3 Sätzen vorstellen.

NS: Okay. Ich bin Nicole Silbermann aus Hannover. Ich bin Sprecherin und Synchronschauspielerin aus vollstem Herzen. Und wenn ich noch irgendwas nebenbei mag sind das Reisen, meine Familie, Katzen und BTS (lacht).

S: Das klingt gut (lacht). Wie sieht für dich der ideale Arbeitstag als Sprecherin aus? Wenn du es dir aussuchen könntest?

NS: Boah, der ideale Tag…Ideal wäre, wenn es ein großes, schönes Synchronstudio in Hannover gäbe, da ich hier noch wohne. Und sollte ich Aufträge in anderen Städten haben, habe ich gerne so viel Zeit, dass ich morgens noch entspannt duschen kann nach dem Ausschlafen. Meistens fahre ich dann Bahn. Manchmal muss ich aufgrund schlechter Bahnverbindungen Auto fahren. Und irgendwie ist das ziemlich beruhigend, dass man erstmal so eine Fahrt vor sich hat und Podcast hört oder so und dann ins Studio. Das ist gut zum Entspannen. Und meistens merke ich dann gar nicht, wie bei den Aufnahmen die Zeit vergeht und falle danach erst in ein Energieloch und merke, wie viele Stunden es waren. Danach kann man bei der Rückfahrt wieder entspannt Energie tanken.

S: Das klingt sehr gut. Du bist inzwischen ein paar Jahre dabei. Deine erste Rolle oder Werbung war in 2019, wenn ich es richtig gesehen habe auf deiner Webseite. Bist du denn nach all dieser Zeit vor Aufnahmen noch aufgeregt oder gehst du locker an die Sache ran?

NS: Also, jetzt aktuell nach all den Jahren bin ich schon lockerer, aber davor, gerade bei den ersten Aufträgen, da war ich immer noch extrem aufgeregt, was eigentlich kontraproduktiv ist, denn wenn man so aufgeregt ist und so verspannt, dann killt man seine Stimme und seine Resonanz. Und ich musste erst ein bisschen Selbstvertrauen dazu gewinnen. Es war mal bei einem Coaching, wo ich dann den Spruch gehört habe: „Wenn du dann am Mikro stehst, dann hast du den schlimmsten Schritt schon geschafft. Denn du wurdest gebucht. Dann bist du auch gebucht“. Und da habe ich gedacht, dass, wenn die sich für mich entschieden haben, dann bin ich ja wirklich genug für die. Und dann kann man auch hinfahren und Spaß haben und das klappt inzwischen schon ganz gut. Wenn mich aber so ein krasses Studio gebucht hat, wäre ich glaube ich immer noch aufgeregt (lacht).

S: Das verstehe ich aber auch. Je nach dem wer dir gegenüber sitzt, ist das ja auch nochmal was anderes. Wenn da Menschen sitzen, die du kennst, die dich schon kennen, bist du natürlich weniger aufgeregt.
Gibt es denn ein Projekt, dass dir besonders in Erinnerung geblieben ist? Egal ob Synchro, Hörspiel, Hörbuch, was auch immer.

NS: Also ich hab da ein Projekt, über das ich leider noch nicht reden darf. Das ist mir total in Erinnerung geblieben, weil ich mir damit einen Lebenstraum erfüllt habe. Und das war auch die erste Rolle, die ich durch ein Casting gewonnen habe. Bisher war es immer so, dass Studios mich kannten und dann haben sie mich auf Rollen besetzt. Und diesmal war es so, dass das Studio mich vorgeschlagen hat, aber auch noch vier weitere Frauen. Da war ich dann ziemlich nervös vor dem Casting. Sie haben mir das Projekt nicht genannt, aber ich erkannte es an den Probetakes, die ich vorher zugesendet bekommen habe.
Ich bin seit Jahren ein Fan von dem Franchise und ich wusste, ich wollte unbedingt diese Rolle haben! Als ich dann für das Casting in meiner Kabine war, war ich dann aber plötzlich total ruhig und voll bei mir. Danach bin ich runter gegangen, weil meine Familie im Garten gewartet hat und habe gesagt: „Wenn es das jetzt nicht geworden ist, dann hat das nur daran gelegen, dass meine Stimme nicht passt.“ Ich war zum ersten Mal richtig zufrieden und habe dann zwei Wochen später die Zusage bekommen. Die Aufnahmen waren einfach vor zwei Jahren und seitdem warte ich, dass ich es endlich erzählen darf. Das hat mir alles bedeutet und war ein Lebenstraum von mir (Anmerkung: Es ist die Rolle „Priscilla“ aus „Final Fantasy VII Rebirth“).

S: Wenn man sich im Umkreis von Vincent Fallow bewegt, kennt man das mit dem Lebenstraum sehr gut.

NS: Absolut. Denn er hat seinen Lebenstraum ebenfalls erfüllt und ich hab ihm dann durch die Blume von meinem Casting erzählt und er hat sich sehr mitgefreut. Wir hatten bereist vor Jahren mal darüber gesprochen, noch bevor unsere Karrieren losgingen. Uns jetzt hier Jahre später zu sehen, macht mich einfach total stolz und happy.

S: Jetzt freue ich mich auf die Ankündigung. Mal abgesehen davon, dass ich ja ein Fan von euch als Person bin, bin ich ein Fan davon, wenn ihr Dinge erreicht. Ich freue mich immer sehr, wenn ihr euch solche Träume erfüllt. Ihr liebt das alle mit dem Sprechen und es ist schon cool, wenn man so Stufen erreicht oder Projekte sprechen darf. Und das ist bei mir mit irgendwelchen Büchern, die ich als Rezensionsexemplar lesen darf, ähnlich und deswegen kenne ich dieses Gefühl sehr gut.
Im Studio muss man sich so wenig wie möglich bewegen, weil Geräusche drumherum sind ziemlich kacke. Aber wie viel bewegst DU dich eigentlich vor dem Mikro und gibt es etwas, was dir regelmäßig die Takes versaut, dass du sie wiederholen musst?

NS: Ich bin leider schon jemand…also was heißt leider? Also ich zappel schon. Ich versuche dann auch immer weg zu sein vom Mikro und es passiert mir leider öfter als ich möchte, dass ich irgendwo mit der Hand gegenschlage. Manchmal auf den Tisch, wo das Dialogbuch drauf liegt. Und früher hatte ich mal den Fall, dass ich nicht wusste, was das Geräusch auslöst. Und irgendwann haben wir gemerkt, dass es der Reißverschluss meines Pullovers war. Ohrringe trage ich aus Prinzip nicht bei Aufnahmen, Kette hatte ich schon ausgezogen. Aber dann war es wirklich mein Reißverschluss.

S: Witzigerweise hatte ich das bei einem Interview. Die ganzen Interviews schreibe ich ja immer ab und poste sie als Text. Ich hab mir ein Interview zwei, drei Mal angehört fürs Abtippen und hab mich über ein Klappern auf der Audio gewundert. Zum Glück ist es egal, weil ich das ja wie gesagt als Text poste. Und so zwei Wochen später ist mir aufgefallen, dass es mein Bettelarmband gewesen sein muss. Diese feine Klappern der Anhänger nehme ich einfach nicht mehr wahr. Aber auf der Audio natürlich. Ich hab dann sogar Instagramfotos aus der Story von dem Interviewtag angeguckt, um rauszufinden, was das gewesen sein könnte…manchmal ist es sehr verrückt irgendwie.
Du hast mit „Loveless“ von Alice Osman dein erstes Hörbuch aufgenommen. Das ich immer noch sehr liebe btw.

NS: Aww, das freut mich.

S: Was hat sich aus den Aufnahmen bei dir eingeprägt? Also woran denkst du zurück, wenn du an die Aufnahmen des Hörbuchs denkt?

NS: Uhhh, das ist eine coole Frage. Also erstmal denke ich daran zurück, dass ich total happy bin, dass ich es gemacht habe und machen konnte. Vorher war ich noch nie mit Hörbuch in Kontakt gekommen, aber dann habe ich diese Anfrage bekommen und bin selber ein großer Fan von Alice Oseman und habe auch „Heartstopper“ geguckt. Ich habe mich instant in diese Geschichte verliebt und wenn ich daran zurückdenke, denke ich „Yes, zum Glück habe ich das gemacht!“.
Und dann denke ich daran zurück, dass es zur Zeit der Aufnahmen Hochsommer war und es scheiße heiß im Studio war. Bei den Aufnahmen hatte ich zum ersten Mal das Gefühl von „Ich bin genug“. Und ich weiß noch, wie ich jeden Tag meinen Hosenknopf geöffnet habe, damit der Bauch frei ist, und mich im Schneidersitz ganz gemütlich auf den Stuhl gesetzt habe. Und dann habe ich in einer ganz tollen Atmosphäre mit der Regie da aufgenommen. Ich hatte jeden Tag Sorge, ob ich genauso klinge wie gestern. Aber ich hab dann meine gemütliche Haltung eingenommen und die Regie meinte immer „Klang genauso wie gestern. Du kannst weitermachen“. Das ist so eine Erinnerung, bei der ich denke „Ich weiß ja nicht, wie die anderen Hörbücher aufnehmen, aber für uns hat es wahnsinnig gut funktioniert, dass ich so gemütlich saß.“ Das ist wirklich so eine Kernerinnerung daran (lacht).

S: Es gibt so viele Sprechende, die auch Behind the Scenes-Videos machen. Ich glaube das gehört einfach zum Hörbuch. Für mich ist völlig klar, dass beim Hörbuch die Person sitzt und man muss sich ja auch so wenig wie möglich bewegen und vorlesen.

NS: Sehr schön. Dann fühle ich mich jetzt weniger schlecht. Dann ist das ja okay.

S: Ich find das völlig okay. Und ähm, naja, ich muss jetzt keine Aufnahme zum Hören machen, aber ich sitz hier auch mit einem Bein oben.

NS: Ja, ich hab jetzt auch wieder meinen Knopf aufgemacht (lacht)

S: Es hilft einfach irgendwie. Gibt es denn etwas, das du als Stimmschauspielerin, wie du dich auch selbst bezeichnest auf deiner Webseite, unbedingt ausprobieren möchtest? Also ein bestimmtes Genre oder eine bestimmte Art von Rolle?

NS: Ich möchte auf jeden Fall noch Videospiele sprechen. Ich bin selber so ein Videospiel-Kind und das fehlt mir noch, dass ich in Videospielen spreche. Da ist es mir auch ganz egal wen oder was ich spreche. Ich werde schon eher auf so kleine, feine Mädchenrollen besetzt, merke langsam aber auch einen leichten Umschwung, dass ich auch mal kessere Leute sprechen darf und darauf habe ich auch richtig Bock. Ich habe mal ein Hörspiel gesprochen und da war ich ein ganz anderer Charakter. Die hat geraucht, die hat die ganze Zeit rum gemeckert. Und darauf hätte ich nochmal Bock so eine Rolle im Synchron zu sprechen. Das ist eher selten bisher.

S: Das verstehe ich.

NS: Das ist immer so „Och, wieder so eine Rolle… Total toll, dass ich gebucht wurde! Aber ich würde ja mal gerne was ausprobieren“.

S: Eine Person, die zu „Suehören“ dazu gehört, ist oft die Liebe und Nette und sehr freundlich. Ich kenne einige Hörspiele von ihr. Sie ist halt eher mal weiblich und feminin. Wenn du sie hörst, dann hast du auch eher eine junge Frau mit Kleid vor Augen quasi. Und die hat inzwischen ihre erste böse Rolle gesprochen und meinte „Joa, hätte ich das nicht jetzt schon erledigt, wäre das meine Antwort gewesen auf diese Frage“. Das habe ich sehr gefühlt.
Du warst bisher, wenn ich mich nicht verzählt habe, auf drei Conventions als Ehrengast eingeladen. Gibt es denn etwas von diesen Conventions, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist. Besondere Fanaktionen, Begegnungen mit Fans oder Kolleg*innen?

NS: Das erste was mir einfällt ist das Treffen mit Kolleg*innen. Da hatte ich einen total unerwarteten Moment. Ich saß mit Lisa Cardinale an unserem Tisch für „AnimeHouse“ auf der „Dokomi“ (Anmerkung: Die größte Anime- und Mangaconvention Deutschlands). Wir hatten gerade ein paar Autogramme gegeben und dann stand plötzlich Sven Plate neben uns. Und ich so „Ja moin, was machst du denn hier?“. Wir sind uns vorher noch nie begegnet und er hat mit uns gequatscht wie mit Kollegen. Total wertschätzend und toll! Und ich stand da und hab mich gefragt, was da gerade passiert. Für mich total der krasse Moment.
Auch auf der Dokomi generell, das war für mich auch eine total schöne Erfahrung. Gegen Abend, wo dann langsam geschlossen wurde, bin ich raus und hab mich ein bisschen geärgert. Ich bin ein riesiger „One Piece“-Fan! Ich weiß alles über dieses Universum und es waren die Sprecher von Ruffy und Zoro da und ich konnte nicht hin. Du musstest ja stundenlang anstehen. Und ich hab mich so geärgert. Ich bin dann raus und in einer Ecke standen ein paar Leute und einer davon war Daniel Schlauch (Anmerkung: Sprecher von Ruffy). Und dann hatte er tatsächlich kurz Zeit und wir haben gequatscht. Das war für mich ein gewaltiger Moment. Ich hab das als Kind angefangen zu gucken und jetzt bin ich 30 und treffe ihn und dachte so „Woooow!“. Das war total cool. Dann nach der Animagic, das war richtig toll veranstaltet, hatten wir noch so einen gemeinsamen Abend mit Vincent Fallow, Marios Gavrilis, Uwe Thomsen und anderen Ehrengästen und haben zusammen gegessen. Das ist auch für mich super krass, dass da diese Giganten dann sind. Total schön gewesen.
Und eine Sache, das war auf meiner allerersten Convention, ich glaube das war die Animagic, da kam eine Cosplayerin. Sie hatte Ohana aus „Hanasaku Iroha“ gecosplayed. Das war meine erste Hauptrolle. Und dann saß ich da und guckte und dann so „Oha! Darf ich bitte bitte ein Foto machen?“. Witzigerweise war das Studioteam von der Aufnahme auch da und wollten dann ein Gruppenfoto machen. Du siehst eigentlich keine Ohana rumrennen und das war so richtig der Moment „Oh mein Gott, da ist sie“. Das war richtig schön für mich. Es gibt so tolle Momente, ich könnte noch stundenlang davon erzählen. Es ist so schön Menschen einfach dann vor einem stehen zu haben. Ich weiß nicht wer, aber jemand hatte mal gesagt „Ich bin ja noch eher unbekannter“. Aber wenn da dann schon Menschen stehen, die sich freuen und gut finden, was ich gemacht habe. Das geht mir richtig ins Herz. Das ist so schön! Und deswegen liebe ich Conventions total.

S: Es war für mich sehr gruselig, weil wir ja auf der NiCon waren und Freitags nachmittags haben wir uns in kleinerem Rahmen mit Vincent getroffen und waren im Gaming Museum in Hannover, dem „HiScore“. Und dann sind wir danach in die Hotelbar gekommen, weil wir noch geparkt hatten, sind meine Begleitung und ich ein paar Minuten später als Vincent und die Anderen rein gekommen. Und dann kommen wir so rein und Sandro Blümel hat mich mit Umarmung begrüßt, mit dem hab ich vorher Nachrichten ausgetauscht wegen der NiCon und Lisa Cardinale saß neben mir und hat ganz normal mit mir gequatscht und ich war so verwirrt, weil in meinem Kopf immer wieder war „Ihr seid die Ehrengäste. Was tu ich eigentlich hier? Okay cool“.

NS: Das ist so schön (lacht).

S: Aber deswegen kann ich das so nachempfinden mit der Situation mit Sven. Ich fühle das so sehr (lacht).
Gibt es denn eine Serie, einen Anime oder eine Filmreihe, in der du unbedingt mitsprechen möchtest? Abgesehen von dem Lebenstraum, der erfüllt wurde, den du aber noch nicht nennen kannst.

NS: Ich habe drei Lebensträume notiert, als ich angefangen habe. Mit einem Projekt habe ich gleich zwei dieser Träume abgehakt.
Was noch da drauf steht ist „One Piece“. Vor allem, ich lese auch den Manga und ich habe meine Rolle schon gesehen. Ich so „Die Rolle, die muss ich sprechen“. Und ich bin tatsächlich ganz fleißig daran endlich diese Rolle zu bekommen. Ich bin seit zwei Jahren mit der Aufnahmeleitung am Schreiben und ich habe mal den Namen des Charakters gedropped. Bisher ist die Rolle aber noch nicht aufgetaucht und ich hoffe so sehr, dass sie dann an mich denkt. Es ist so schwierig im Gedächtnis zu bleiben und ich hab da so viel Arbeit reingesteckt (lacht). Mit „One Piece“ habe ich einfach so eine Verbindung, weißte?

S: Ich verstehe das gut. Aber damit ist mein Guess, dass das, was du nicht nennen darfst, „Once Piece“ ist, wieder dahin. Anscheinend ist es das nicht (lacht).
Gab es denn Momente, in denen du am liebsten alles hingeworfen hättest in deiner Laufbahn oder irgendwie abgebrochen hättest Sprecherin zu werden? Und wenn es sie gab oder noch gibt, was tust du dann?

NS: Ich habe das Gefühl, je mehr ich mit verschiedenen Kolleginnen schreibe, desto mehr kommt so durch, dass wir echt alle wahnsinnig selbstkritisch sind. Ich dachte immer ich bin alleine, aber wie oft…Ich denk immer so „Ey, das kenn ich auch, aber Leute, das müssen wir ablegen“. Wobei, eine selbstkritische Haltung ist ja auch gut, um zu Wachsen. Diese Momente hatte ich auch. Definitiv.
Am meisten in Erinnerung geblieben ist mir ein sehr intensives Coaching, wo ich dann am Anfang dachte „Ich hab jetzt schon ein bisschen was drauf“. Und dann habe ich beim Coaching gemerkt, alles was ich mache ist falsch und eigentlich kann ich gar nix. Das ging über mehrere Wochen und ich dachte jede Woche, dass ich wieder was gelernt habe, aber es wurde immer wieder was gefunden.  Aber in diesen sechs Wochen bin ich tierisch gewachsen. Und wenn ich Aufnahmen von früher höre, denke ich, dass das gar nicht gut ist und was ich mir dabei gedacht habe (lacht). Aber da waren echt Momente, bei denen ich dachte, dass ich nicht mehr kann. Und man hat geweint und war verzweifelt. Das ist auch ein bisschen so ein inneres Aufräumen. Ich saß dann auch da und hatte so ein richtiges Brett vorm Kopf und dachte, dass ich nie wieder spielen könne. Da ist es dann ganz ganz wichtig, finde ich, Kontakt aufzunehmen. Also ich schreib dann Kolleg*innen an, Freunde, Menschen, die im Business sind. Die kennen das auch alles und können dann nochmal helfen mit dem Fokus. Das kennt jeder in der Branche und wichtig ist es dann, weiterzumachen. Würde ich damit aufhören mit dem Sprechen, ich weiß, ich würde so eine Leere in mir haben. Man muss sich dann vor Augen halten „Warum tu ich das eigentlich?“. Und es ist die Liebe zu dem Ganzen. Sowohl zu den Franchises und dem Schauspiel und zu allem. Und ich weiß…ich kann es gar nicht hinschmeißen. Das ist immer der kleine Teufel auf der Schulter, der mir einredet, dass ich hinschmeißen soll. Aber ja, Kommunikation ist da ganz ganz wichtig. Und gut zu sich sein.

S: Ja, ich kenne das leider auch sehr gut. Die böse Imposta ist definitiv auch in meinem Hirn. Halt mehr fürs Bloggen oder so Sachen.

NS: Warum sind wir so? (lacht).

S: Ich weiß es nicht.

NS: Dabei müssten wir uns doch am meisten lieben. Alle anderen Menschen sind böse genug.

S: Eigentlich schon. Tatsächlich bin ich einer dieser Menschen, die haben dann einen Screenshot-Ordner mit positiven Nachrichten oder Kommentaren. Und dann lese ich mir das ganze Zeug wieder durch, manches ist auch 5 Jahre alt, aber das ist egal, weil es ist alles positiv. Das hilft nicht jedem, aber diese Erinnerung an die vergangenen Projekte und Kontakte hilft.

NS: Ja, sich daran erinnern, was man alles erreicht hat.

S: Mal abgesehen davon, dass dieses Suehören-Projekt sowieso die beste Erinnerung ist, an das was ich alles geschafft habe. Als ich vor zehn Jahren angefangen habe, wäre dieses Projekt so auf jeden Fall nicht möglich gewesen.
Hast du denn noch einen Tipp für alle Sychronanfänger*innen da draußen, die auch professioneller sprechen möchten? Egal ob nebenberuflich oder hauptberuflich.

NS: Das erste, was mir einfällt, weil wir auch gerade drüber gesprochen haben, ist Durchhaltevermögen und ein langer Atem. Man braucht wirklich einen Grund das zu tun. Sonst hält man das alles nicht aus. Man muss sich immer wieder bewerben, immer wieder fortbilden. Bereit sein zu merken, wo man noch Schwächen hat, wo man seine Fähigkeiten noch ausbauen kann. Das kann ja auch nicht jeder. Nicht alle sind kritikfähig. Aber dieses offen sein, sich weiterbilden. Was mir auch ganz oft auffällt, besonders in Kommentaren unter Instagram-Posts, ist, dass da steht: „Meine Familie hat gesagt, dass ich so eine tolle Stimme habe und ich könne voll Synchron sprechen“. Und ich denke mir dann immer „Stimme ja, aber nein“. Das Wichtigste beim Spiel mit deiner Stimme ist nicht die Stimme, sondern dein Spiel. Das ist das Aller Allerwichtigste. Da kannst du noch so toll klingen, aber wenn du nicht schauspielern und wenn du die Emotionen nicht vermitteln kannst, wie sie sein sollten, dann hast du da eine ganz große Baustelle. Deswegen würde ich sagen, dass Neulinge, die Bock auf Synchron haben, auf jeden Fall eine Schauspielschule besuchen sollten. Oder wenn schauspielerisches Können schon vorhanden ist, vielleicht Workshops besuchen. Es gibt ja auch genug erfolgreiche Quereinsteiger, ohne Schauspielausbildung. Denn Schauspiel ist das A und O. Mit deinem Schauspiel überzeugst du. Ich habe mal von jemandem gehört, der Aufnahmeleiter ist, die hören sich eine Demo drei Sekunden an und in der Zeit hören sie, ob jemand ein gutes Spiel hat und einen packt oder nicht. Klar ist eine coole Stimme von Vorteil, aber es ist das Spiel größtenteils. 90 Prozent, würde ich mal sagen. Das wars glaube ich. Gott, ich hab jetzt viel geredet (lacht).

S: Ihr dürft ausschweifen. Alles okay. Aber was ich übrigens sehr witzig finde, ist, dass du ja eigentlich Lehrerin für Englisch und Biologie am Gymnasium bist. Du hast bis zum zweiten Staatsexamen das Ganze gemacht. Aber bist halt jetzt im Sprechen auch wirklich drin und hast super viele Projekte. Aber im Hintergrund hatte ich immer wieder im Kopf „Ja, aber eigentlich ist sie ja Lehrerin“. Und ich finde das sehr faszinierend, wo ihr alle herkommt.

NS: Ja, ich komm aus der Menschenbildung (lacht)

S: Lisa Cardinale ist zum Beispiel aus dem Fitnessbereich. Vincent, völliger Quereinsteiger, der gefühlt alles gemacht hat. Und dann gibt es trotzdem die ganz klassischen Schauspieler, die dann zum Sprechen kamen oder so Sachen. Ich finde das immer wieder faszinierend, wo ihr alle herkommt. Gefühlt kann man mit allem, wenn man durchhält und dranbleibt und genug Ehrgeiz hat, trotzdem Synchronsprechen und Stimmschauspielen.

NS: Stimmt, ich kenne ganz viele Quereinsteiger. Ich fands auch ganz lustig, ich hab neulich den neuen Anime geguckt, in dem ich mitspreche, Insomniacs after School. Und dann hab ich die Besetzung angeguckt und dann hab ich eine ganz kleine Rolle gesehen, die mir in der Performance nicht ganz so gefiel. Manchmal dürfen ja auch Anfänger was sprechen und sich probieren, das finde ich super. Ich sag keine Namen und ich meins auch wirklich nicht böse, aber dann hab ich gesehen, dass es eine ausgebildete Schauspielerin war. Und da sieht man mal wieder, dass nur weil man eine gute Schauspielerin ist, es nicht automatisch heißt, dass man eine gute Synchronsprecherin ist. Auch die müssen sich fortbilden. Deswegen finde ich: Quereinsteiger, go for it!

S: Ich habe mich schon immer mit Synchronsprechen beschäftigt, aber durch das Projekt beschäftige ich mich nochmal ganz anders mit euren eigenen Geschichten, wo ihr herkommt, weil ich so nochmal Fragen kriege. Und inzwischen weiß ich auch, dass nicht alle Sprechenden Vollzeitsprechende sind. Manche arbeiten noch in ganz anderen Berufen. Es ist immer wieder faszinierend wirklich.

NS: Ja, an die Vollzeit…da komm ich auch noch nicht ran. Das würde noch nicht mein Leben zu finanzieren. Aber ich versuche das andere immer weiter runterzuschrauben und das Sprechen hochzuschrauben.

 

S: Ich drück die Daumen, dass es klappt. Du hast die Fragen damit quasi geschafft. Es gibt noch eine Sache, die wir machen müssen. Ich habe mit meiner Instagramcommunity ein This or That entworfen. Du darfst entweder nur für einen Begriffe entscheiden und dann nur dieses eine Wort sagen oder du sagst dann noch in ein, zwei Sätzen, warum du dich gerade für diese eine Sache entschieden hast. Das überlasse ich euch, ob ihr kurz oder lang antwortet.
Hörspiel- oder Hörbuchaufnahme?

NS: Hörspiel.

S: Kaffee oder Tee?

NS: Kaffee. Obwohl, Kaffee ist so eine Sache. Ich hab immer so Körperphasen und ich hab eine Zeit lang keinen Kaffee vertragen. Dann hab ich nur Tee getrunken, aber jetzt bin ich wieder bei „Kaffee voll lecker“ und mein Körper verträgt es auch (lacht).

S: Animesynchro oder Realsynchro?

NS: Dann sag ich Realfilm. Ja, ich glaube ich sag Realfilm. Anime macht super Spaß und ich liebe es, da auch aus mir herauszukommen. Realfilm finde ich persönlich so unheimlich spannend, weil da so unheimlich viel passiert. In jeder Kleinigkeit hat der Schauspieler oder die Schauspielerin ja was damit gemeint. Und das alles zu vertonen finde ich unheimlich spannend. Ich analysiere total gerne und schnell. Und das dann draufzusetzen, das ist so eine krasse Herausforderung, dass ich das mega feier.

S: Pizza oder Pommes?

NS: Pommes! Ich liebe Pommes über alles!

S: Endlich mal jemand! Super viele meiner Gäste haben sich für Pizza entschieden, weil sie sagen, dass auf Pizza mehr drauf wäre. Einer sagte sogar „Pommes ist nur eine Beilage und Pizza ist ein Abendessen“.

NS: Pommes bringt Weltfrieden. Weil Pommes einfach jeder essen kann! Sie sind halal, vegan und jeder liebt Pommes. Alle lieben Pommes (lacht). Also, ich bitte dich.

S: Ich habe seit letztem Januar mit Franci Friede zu tun und sie liebt Pommes über alles. Und seitdem ich mit ihr zu tun habe, habe ich im TK-Fach IMMER eine Tüte Pommes liegen. Ich habe sie schon vorher geliebt, aber es ist so viel mehr geworden, dank ihr.
Lange Aufnahme über mehrere Stunden oder kurze Aufnahme über mehrere Tage?

NS: Kurze Aufnahme über mehrere Tage.

S: Home Studio oder Tonstudio?

NS: Tonstudio. Also ich meine, ich hab ein Home Studio. Aber ich find es viel schöner ins Tonstudio zu gehen, die Leute zu sehen, in der Mittagspause vielleicht auch zusammen Mittag zu essen.

S: Sommer oder Winter?

NS: Sommer. Definitiv. Ich schwitze lieber.

S: Bei mir ist es tatsächlich genau andersrum. Man kann sich halt immer was drüber ziehen. Aber irgendwann kannst du dich nicht mehr ausziehen.

NS: Das sagen total viele! Aber ich hab immer das Gefühl, dass es für mich nicht heiß genug werden kann (lacht).

S: Nee, alles über 25 Grad killt mich fast (lacht).
Taschenbuch oder Hardcover, wenn du selbst liest?

NS: Hardcover. Ich finde diese Knicke hinten im Buch…boah, wenn ich ein Taschenbuch habe, mache ich es immer so weit auf, dass ich hinten keinen Knick reinkriege. Aber dann kann ich nicht schön lesen. Aber ich finde nichts schlimmer als diesen Knick. Deswegen Hardcover.

S: Du bist eine dieser 30 Prozent-Leserinnen. Die öffnen ihr Buch nur 30 Prozent und bewegen es dann ständig nach rechts und nach links, damit sie richtig auf die Seite gucken können. Ich sollte dir niemals Bücher meiner schlimmsten Taschenbücher zeigen.

NS: Bist du so eine von denen, die das KOMPLETT aufklappt? Nein, du bist nicht die, die…

S: Ein Buch ist ein Gebrauchsgegenstand (lacht). Ich habe dafür aber auch Werke zwei, drei Mal im Regal, damit ich eine schöne Ausgabe habe.

NS: Okay, das ist eine Variante, damit kann ich auch noch leben. Du bist so eine wie meine Tante, die das immer so ganz umklappt…

S: Naja, so ganz umklappen tue ich auch nicht, ich breche nicht extra den Buchrücken, aber ich will schon richtig auf die Seite gucken können. Wenn da eine Rille ist, dann ist das schon so okay.

NS: Das passiert mir auch öfter, als ich denke. Man kann halt nicht richtig lesen und dann macht man doch irgendwann auf und dann seh ich die Rille (lacht).

S: O-Ton oder Synchro beim Selbstgucken?

NS: Synchro. Aber nur, wenn sie angenehm ist. Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber es gibt einfach Synchros, die erträgt man nicht. Dann schalte ich um, da hat das ganze Team keine schöne Arbeit geleistet. Vielleicht waren sie zu gehetzt oder so. Ansonsten gucke ich halt auch einfach gerne Synchro, weil ich da schön entspannen kann. Auf Englisch geht’s, da brauche ich keine Untertitel, aber auf Japanisch brauche ich auf jeden Fall Untertitel. Aber die meisten Synchros sind schön, deswegen geht es meistens.

S: Ja, da hat Synchro sich echt gemacht. Wenn ich mal umschalte, sind das meist eher so Filme von 2015/16 und drunter.
Und das letzte ist Serie oder Film gucken?

NS: Äh…Serie. Wobei…das ist echt schwer. Das kommt immer auf mein Energielevel an. Ich finde immer, dass ich bei Serien so invested bin. Dann brauche ich auch das Energielevel für drei, vier Folgen. Wenn ich abends aber eher entspannen will, gucke ich einen Film.

S: Mit der Antwort kann ich völlig leben.

NS: Oh! Ich bin auch richtiger Fan von Animationsfilmen, wie von Pixar. Ich hab jetzt auch so richtige Schätze gefunden wie „Soul“. Also wie Seele. Ich habe aus drei verschiedenen Emotionen geweint. Mein Verlobter auch. Erst haben wir geweint, weil es so traurig war, dann weil wir gerührt waren und dann weil es noch ein Happy End gab. Es hat mich richtig berührt in meiner Seele. Ganz toll!

 

Das war es schon mit Nicole Silbermann und unserem Interview. Die Social Links von Nicole findet ihr oben, falls ihr jetzt neugierig geworden seid. Wir lesen uns in diesem Format dann wieder in einer Wochen! 

Habt eine schöne Zeit!
Eure Sue

 

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