Auf einem beigen Hintergrund sieht man zwei Polaroids. Das linke Polaroid zeigt ein Portrait-Foto des Sprechers Robert Kotulla. Auf dem breiten unteren Rand des Polaroids steht sein Name. Rechts ist im Polaroid das Logo des Projekts. Das Logo zeigt auf einem dunkelgrünen Hintergrund einen Kopfhörer und den Schriftzug "Suehören" in Schreibschrift. Darunter steht in Druckschrift "Interview mit einer Stimme". Die Zeichnung und die Schrift sind weiß.

Suehören – Interview mit einer Stimme – Robert Kotulla

Guden!
Es hat ein wenig gedauert, aber heute geht endlich das letzte Interview für die Textvariante von „Suehören“ online. Nach mehr als 18 Monaten geht damit dieses Projekt in seiner ursprünglichen Form zuende. Einerseits bin ich traurig, da ich schon Spaß an den Textinterviews hatte. Andererseits war es an manchen Tagen dank meiner ADHS echt anstrengend und gerade die letzten Interviews hochzuladen hat sich wegen meiner ADHS extrem verzögert. Wer mir auf Instagram folgt, hat es bestimmt auch schon gesehen, dass das Projekt als Podcast weitergeführt wird. Zwei Folgen sind auch schon online.
Heute geht es aber erstmal um Robert Kotulla, meinen letzten Gast der Textvariante.

Robert Kotulla ist Synchronschauspieler, Dialogregisseur, Dialogbuchautor und Schauspieler.
Nachdem er 1999 seine Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg absolviert hatte, spielte Robert einige Jahre Theater in Lübeck und Hamburg. Auch vor der Kamera war er über die Jahre immer wieder zu sehen. Im Synchronbereich ist er als Sprecher, Dialogregisseur und Autor zu finden.
Anime-Fans ist Robert als Sprecher von Gaara aus „Naruto“ bekannt.

Mehr von Robert findet ihr hier –>   Instagram   Tiktok

 

S: Danke, dass du mit dabei bist. Hat mich sehr gefreut, dass du zugesagt hast. Du darfst jetzt erstmal eine Aufgabe erfüllen und dich in drei Sätzen vorstellen.

RK: Sehr gerne. Ich bin Robert Kotulla. Ich bin Schauspieler, Synchronschauspieler, Dialogbuchautor und Synchronregisseur. Ich bin in Berlin aufgewachsen, lebe seit langer Zeit in Hamburg und fahre sehr gerne Fahrrad.

S: Ich weiß, dass ihr wenig reguläre Arbeitstage habt, aber wie sieht denn für dich der ideale Arbeitstag aus?

RK: Dadurch, dass ich ja viel als Regisseur arbeite, ist der ideale Tag als Regisseur, dass ich meine Lieblingsschauspieler im Studio habe und wir viel Spaß haben. Und als Sprecher ist das so, dass wenn ich mit netten Regisseuren an einem tollen Projekt arbeite und eine tolle Rolle habe. Und dann natürlich alles läuft. Das ist immer ganz wichtig. Es gibt so Tage, an denen es gar nicht läuft und es gibt Tage, an denen es super läuft.

S: Bist du denn an Aufnahmen noch aufgeregt? Du bist ja schon so ein paaaar Jahre dabei (grinst).

RK: Das kommt tatsächlich drauf an, worum es geht. Also aufgeregt bin ich dann, wenn ich eine richtig geile Rolle kriege und das ist der erste Aufnahmetag. Ich habe zum Beispiel bei “Titans” den Scarecrow gesprochen und die Regisseurin mag ich gerne und die ist auch toll. Und natürlich dachte ich am ersten Tag „Okay, hoffentlich kriege ich das so hin und hoffentlich wird das geil. Und hoffentlich ist sie zufrieden mit ihrer Entscheidung“. Sie hatte auf der anderen Seite das gleiche Ding und dachte „Oh Gott, er ist super da drauf. Aber was ist, wenn es mir nicht gefällt?“ (lacht). Da ist man natürlich aufgeregt. Das ging mir als Regisseur auch so. Ich hatte mal relativ am Anfang meiner Regiekarriere einen Sprecher durchgedrückt, gegen den Widerstand des Studios und dachte „Wenn ich mich jetzt vertan habe…“. Aber es ist ganz ganz toll geworden. Es sind so Sachen, die einem am Herzen liegen und da wird man dann aufgeregt. Also ich auch noch.

S: Wie viel bewegst du dich denn vor dem Mikro und gibt es etwas, dass dir regelmäßig Takes versaut, dass du sie nochmal aufnehmen musst?

RK: Ich bewege mich gar nicht so viel vor dem Mikro. Womit ich mir aber wirklich viele Takes versaue, ist, dass ich mich selbst beim Sprechen bewerte. Also man fängt an und denkt “Daw war nicht synchron” und dann hat man den Faden verloren.

S: Das ergibt Sinn. Welche Momente liebst du denn am meisten am Sprecher sein?

RK: Es gibt so Momente, also A) wenn man eine ganz tolle Rolle kriegt durch ein Casting oder einfach so. Wie auch immer. Ich durfte zum Beispiel einmal in einem YouTube-Video für “Star Wars” sprechen. Die haben eigentlich immer die Sounds aus den Filmen genommen für so Zeichentrickanimationen. Im Film sah man den Rücken von Han Solo, aber der eigentliche Text war zu lang für das Video. Bei der Animation war er aber jetzt die ganze Zeit von vorne zu sehen. Also brauchte man einen anderen Text, weil man nicht die Originalaufnahme nehmen konnte. Und da durfte ich Han Solo sprechen. Das ist natürlich ein genialer Moment. Ansonsten ist es halt, wenn man…es gibt manchmal Takes, da denkt man „Oh Gott. Hier ein Zögern, da gibt es eine Wendung. Da gibt es ein schwieriges Wort“. Und wenn man dann sich das denkt, der Take kommt und man ist durch und alle sind so ein bisschen „Okay, war super“. Wenn sowas passt und man denkt vorher das kann gar nicht passen. Dafür verhaut man dann den nächsten, weil man denkt „jetzt läufst“ (lacht).

S: Gibt es denn ein Projekt, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

RK: Als Regisseur ist es ganz einfach. Ich habe die Serie „Normal People“ aufgenommen. Das ist eine irische Serie und ich bin Irland-Fan. Ich durfte da die komplette künstlerische Leitung mit Buch und Regie übernehmen und das ist so eine fantastische Serie gewesen. Die hat auch Preise gewonnen und teilweise war sie in den USA für die Emmys oder so nominiert. Und das war irre, da war ich super glücklich. Das war das als Regisseur oder Autor. Und als Sprecher…es gäbe eins über das ich aber noch nicht reden darf (grinst) (Nachtrag: Tejo in Valorant). Und eins, was mich eigentlich schon meine ganze Karriere lang begleitet, seitdem ich das mache, ist, eine meiner ersten Rollen in einem Film. Und das war der Film „Good Cop, Bad Cop“. Das war der erfolgreichste kanadische Film damals, den es gab. Es gibt ja diese englisch sprachigen und französisch sprachigen Teile in Kanada. Und da müssen zwei Cops zusammenarbeiten, weil eine Leiche genau auf der Grenze liegt. Und die Frankokanadier gucken ein wenig auf die Anglokanadier. Ich hatte da einen Gerichtsmediziner und ich habe die Szene gesehen und der hat das so geil gespielt. Damals war das eine meiner ersten größeren Rollen in so einem Film und ich dachte „Alter, wie soll ich denn dem gerecht werden?“. Und der Regisseur, der auch ein Freund von mir war, der hat das mit mir echt gut gearbeitet und ich finde auch es ist ein gutes Ergebnis geworden. Es ist eine geile Erinnerung, weil es so ein witziger Typ war und eine geile Szene. Und wenn man denn sieht, man kann es irgendwie hinkriegen und auch wenn die super gut sind, kann man dem gerecht werden. Das ist eine Erfahrung, wo man dann weiß „Klar, manchmal läuft es schief. Manchmal kriegt man es nicht so hin, wie man will. Aber man kann es letzten Endes.

S: Was ist denn dein Ausgleich zum Sprechen?

RK: Mein Ausgleich? Also das eine ist natürlich Radfahren und draußen sein. Urlaub machen und ansonsten zocken.

S: Das wundert mich jetzt nicht so wirklich, weil wenn ich dich beispielsweise mal auf Twitch sehe, dann bei „Valorant“.

RK: Ja (lacht). Das hab ich auch schon…ich bin ja, wie du erwähnt hast, etwas älter schon und länger dabei und habe tatsächlich den C64 schon erlebt und da haben wir auch immer gezockt. Damit hat das angefangen als Schüler und es hat eigentlich nicht wieder aufgehört. Es gibt so Phasen, aber es war immer da.

S: Die Phasen kennt, glaube ich, auch jede Person. Wie du ja erwähnt hast, bist du auch Dialogbuchautor und in der Regie tätig. Wenn du dich für eine Tätigkeit entscheiden müsstest, die du nur noch bis zu deinem Lebensende machen dürftest. Welche der drei wäre es?

RK: Ahhh (grinst). Das ist schwierig. Also Dialogbuch würde als erstes rausfallen. Das ist anstrengend und die Befriedigung kommt dann, wenn man im Studio ist und man sieht, dass es passt. Und wenn ich nur noch Autor wäre, würde ich ja gar nicht mehr sehen, dass es passt. Das wäre irgendwie frustrierend. Ähm…ich glaube ich würde, wenn ich mich wirklich entscheiden müsste, die Regie sagen. Die Regie hat den Vorteil, dass man mehr Leute sieht und das wäre für mich das ausschlaggebende.

S: Gibt es denn eine Serie, einen Anime oder einen Film, in dem du unbedingt mal mitsprechen möchtest?

RK: Das ist immer natürlich die Frage bei aktuellen Sachen. Als ich gesehen habe, das hier in Hamburg die „Titans“ gemacht worden sind, dachte ich „Wieso spricht der den denn? Den hätte ich auch sprechen können?“. Und dann habe ich mitgemacht und das war natürlich super. Da hat man das halt abgehakt. Es gibt so ein paar Dinge, die habe ich schon abgehakt. Wie auch Han Solo. Es ist ein richtig kleiner Schnipsel, aber ich war dabei. Im Moment wäre es „Arcane“, glaube ich. Die Serie habe ich gerade angefangen zu sehen und dachte, dass es so ein geiles Projekt ist und so geil animiert. Sie spielen mit den Bildern und dem Comic. Manchmal sind es Standbilder, manchmal bewegte Bilder. Der Look, die Musik. Das ist alles so geil. Das wäre aktuell schon ein Traum.

S: Das verstehe ich. Das sieht schon gut aus. Gab es denn schon Momente, in denen du am liebsten alles hingeworfen hättest? Und wenn es sie gab oder gibt, was tust du dann?

RK: Zum Glück schon länger her, das dieser Moment war, dass ich im Studio stand und dachte „Ich kann es gar nicht“. Das Spannende, als ich angefangen habe Regie zu machen, hab ich mich auch mehr mit den Sprechern unterhalten, die man immer weniger sieht, weil man immer weniger zusammen spricht. Und es gibt für jeden so Tage, an denen man denkt „Heute fliege ich auf. Heute merken sie, das ich es gar nicht kann“. Das gibt es halt immer. Aber es gab mal einen Tag, ich hatte eine Nachtschicht als Regie gemacht und dann bin ich morgens 10 bis 13 Uhr ins Studio gegangen zum Sprechen. Hab wieder nachts Regie gemacht und danach 10 bis 13 gesprochen. Am zweiten Tag hatte ich richtig wenig Energie und ich habe keinen Satz mehr gerade herausbekommen. Und da war ich halt verzweifelt. Die Regisseurin kennt mich lange, ich kenne sie lange. Wir haben ein gutes Verhältnis gehabt auch und ich habe dann gesagt, dass ich es nicht mehr kann und den Beruf hinschmeiße. Und dann hat sie gesagt, dass das schade wäre (grinst). In dem Moment haben wir tatsächlich abgebrochen und vereinbart, dass wir nächste Woche weiter machen. Und das faszinierende wirklich beim Sprechen ist, dass es Tage gibt, an denen nichts rauskommt. Der Mund ist wie verknotet. Und du fängst an über alles nachzudenken. „Was macht mein Kiefer, was macht meine Zunge?“. Du fängst an über alles nachzudenken. Und das ist halt nicht hilfreich. Und da haben wir es wirklich so gemacht, dass wir eine Woche später weitergemacht haben. Das war ein Nachmittag, ich war ausgeruht. Und dann kam ich rein und dann lief es einfach. Und die Regisseurin hat so eine Angewohnheit, wenn man dann durch ist mit allem sagt sie „Okay, ich hab mir noch ein paar Takes aufgeschrieben“. Mit denen war sie dann nicht zu 100 Prozent zufrieden. Und dann packte sie bei mir diese Liste aus. Das waren natürlich die ganzen Zungenbrecher. Das waren die ganzen schwierigen Sätze und ich dachte nur „Ach du scheiße“. Aber es ging. Ich war halt wirklich erholt, ich war ruhig an dem Tag. Das lief und funktionierte. Einen ähnlichen Moment hatte ich mal mit Matthew McFadyen. Ein britischer Schauspieler, der u. A. bei “Ripper Street” mitgespielt hat. Und den habe ich in der Serie „Little Dorit“ mal gesprochen. Eine BBC-Serie. Im alten England irgendwie. Und dieser Schauspieler war von seinem Rhythmus konträr zu meinem. Es gibt es halt manchmal und dann versucht’s man. Aber man versteht diesen Rhythmus nicht. Man kann sich dem nicht annähern, dass man sagt man hat den Flow und man weiß, wie er das macht. Und dann hat er immer noch an jedem Satz so Lippenschnapper oder -zucker. Der hat dann so angetäuscht. Und ich wusste nie, ob ich jetzt da drauf sprechen soll, ob der Texter darauf geschrieben hat. Ich wusste nie, wann ich anfangen soll. Das war so ein Atelier, wo mich keiner gesehen hat. Und mir standen richtig die Tränen in den Augen, weil ich dachte es geht nicht. Zum Glück war auch damals der eine Freund, von dem ich schon erzählt habe, als Regisseur da und hat mich beruhigt. Es war halt kein super A-Projekt. Und ich hab später mit ihm darüber gesprochen und er hat gesagt „Wenn das jetzt ein richtig wichtiges Kinoprojekt oder sonst was gewesen wäre, hätte er auch gesagt, dass das nicht passt. Aber so war das okay“. Ich hab es mir dann irgendwann natürlich auch angeguckt und denke natürlich „Das ist Wahnsinn, wie man als Schauspieler, das kenne ich auch von der Bühne, im Kopf dann den eigenen Vorgang hat, der so schwierig war. Und der so unbefriedigend war und dann guckt man das an mit Abstand und denkt „Von diesem Chaos und dieser ganzen Verzweiflung ist eigentlich nichts mehr zu spüren.“ Und das ist eigentlich gut und beruhigend, weil man weiß, auch wenn solche Momente kommen, wird die Arbeit am Ende so, dass man sich nicht schämen muss.

S: Hast du denn einen Tipp für alle Synchronanfänger*innen, die auch professioneller sprechen möchten, egal ob haupt- oder nebenberuflich?

RK: Viel ordentlich sprechen. Ein Freund hat mal in einem Video gesagt, als er gefragt wurde, was er morgens zum Vorbereiten macht, dass er jeden Morgen eine Seite aus einem Buch laut vorliest. Ohne das man sie kennt. So genanntes Primavista lesen. Das möglichst deutlich machen. Übertriebenes Sprechen hilft auch. Wenn man sich deutsche Filme anguckt, mein Vater hat das vor kurzem gesagt, das er glaubt, dass er etwas an seinem Gehör hat, weil die in einem deutschen Film sehr undeutlich gesprochen haben. Die sprechen so, dass man beim Synchron sagen würde „Alles nochmal. Bitte nochmal. Habe ich nicht verstanden. Sauberer bitte“. Und da ist es wichtig so übertrieben deutlich zu sprechen und das vielleicht mal so einen Tag lang machen und alle gucken einen doof an. Aber dann wird man am nächsten Tag sauberer sprechen und es wird einem leichter fallen, weil man eben die Sprechwerkzeuge, wie es so schön heißt, trainiert hat. Und wenn man im Training ist, dann ist das alles leichter.

S: Damit hast du den offiziellen Fragenteil tatsächlich überstanden. Aber ich habe noch ein This or That mit meiner Instagram-Community zusammen entwickelt. Entweder du sagst nur das Wort, wie man es halt kennt, oder du erklärst deine Entscheidung noch in ein, zwei Sätzen.

Kaffee oder Tee?

RK: Kaffee.

S: Lange Aufnahme über mehrere Stunden oder kurze Aufnahme über mehrere Tage?

RK: Hm…lange Aufnahme.

S: Pizza oder Pommes?

RK: Pizza

S: Anime-Synchro oder Realserien-Synchro?

RK: Das wird jetzt ganz eng (lacht). Hm…Real.

S: Sommer oder Winter?

RK: Sommer

S: Synchro in einem Film sprechen oder in einer Serie?

RK: Serie. Da hat man meistens mehr davon.

S: Aufnahme im HomeStudio oder im Tonstudio?

RK: Tonstudio.

S: O-Ton oder Synchro, wenn du selber etwas guckst?

RK: Synchro.

S: Serie oder Film gucken?

RK: Serie.

 

Das war es schon mit Robert Kotulla und unserem Interview. Die Socials von Robert findet ihr oben, falls ihr jetzt neugierig geworden seid.

Und damit geht auch dieses Projekt zu Ende und wir lesen uns bald in anderer Form wieder.
Habt eine schöne Zeit!
Eure Sue

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Die Sueschauerin
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.